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Freeway Rider's MC Germany

Es war die Zeit der Jeanswesten, langer Locken und Koteletten. Erster Flaum machte sich auf der Oberlippe bemerkbar und wurde - anders als heute - zum Schnauzer weitergepflegt. Mopeds mit fünfzig Kubik gab es von so klangvollen Herstellern wie Hercules, Kreidler und Zündapp. Italien steuerte Gileras und Benellis bei und die Japaner traten auf den Markt mit DT 50 und RD 50. Gerade kam die CB 50 von Honda heraus, ein geiler Viertakter in der Miniklasse. König war, wer eine ,,Großschild" besaß, eben eine Fünfziger ohne Geschwindigkeitsbeschränkung, mit einem echten Motorradkennzeichen. Große Schilder- man riß sich drum, verkehrte Welt... Mit den Boliden der Schnapsglasklasse war der Horizont schon erreichbar geworden. Ganze Städte lagen in der Nachbarschaft, Fahrten mit Kumpels und Kumpelinen durften auch schon mal nach Holland oder an die Deutschen Küsten gehen. In jeder Stadt und jedem Viertel des Kohlenpotts gab es Jugendgruppen unterschiedlicher Ausrichtung. Man schrieb die erste Hälfte der Siebziger, Easyrider war Kult, ebenso die nachfolgenden Rockerstreifen, und in der Clique war man stark und zuhause. Viele dieser Gruppen blieben eine Weile fest zusammen, bis sie sich auflösten, weil Job und Freundin wichtiger waren - oder weil die Gruppe aus dem Nachbarviertel ,,freundlich" gesinnt wär.

Mit den Großschildern nach Holland:
Die Party begann mit der ersten Drehung des Rades!

Eine dieser Gruppen kam aus Gelsenkirchen. In Horst, Bismarck oder Schalke wohnten ihre Mitglieder, da, wo die Arbeiter zuhause waren. Mindestens einmal im Jahr unternahmen die Jungs und Mädels eine Fahrt an die Holländische Küste. Ausnahmslos mit ,,Großschildern, na klar. Das Gruppengefühl auf der Fahrt war unbeschreiblich, die Party begann mit der ersten Drehung des Rades. In Zantvoort lernte man eine Gruppe Gleichgesinnter aus Hagen kennen. Sie trugen ein gesticktes Zeichen auf ihren ausgefransten Jeanswesten. Die Gelsenkirchener - unter ihnen Klaus - interessierten sich für das Abzeichen und alles, was damit zusammenhing. Die Gelsenkirchener waren begeistert von der Sache und der Geschichte des Clubs, den der Anführer des ,,Freeway Rider's MC Hagen" ihnen erklärte. Nach einigen Besuchen der Gelsenkirchener in Hagen und umgekehrt beschlossen sie die Mitgliedschaft als Gelsenkirchener Ortsvertretung. Die Taufen der ersten Gelsenkirchener gingen mit allem Drumherum wie Schlammloch und Besäufnis im Jahre 1974 über die Bühne. Die Jungs waren also die Freeway Rider's, und selbst die Mädels machten ihr eigenes Ding, ganz offiziell als Freeway Rider's Women.

Ohne langes Geschwätz: Rausschmiß statt Abstimmung

Tja, manches war damals anders - selbst das Colour. Anfangs hatten die Freeway Rider's ein rundes Abzeichen, rot auf schwarzem Grund, dessen Mitte ein Rad mit einem Eisernen Kreuz zierte. Obwohl dies seinerzeit absolut Hochkonjunktur hatte, stießen sich Jahre später besonders Vertreter von Behörden und Jugendverbänden daran. Man änderte 1977 für alle Freeway Rider's das Colour, und seitdem schmückt der geflügelte Totenkopf mit Mütze das nunmehr dreiteilige Colour. Im gleichen Jahr schieden die Damen als eigenständiger Bestandteil aus. Eigentlich hätte es ganz demokratisch eine Abstimmung über ihren Verbleib im Club geben sollen. Ganz undemokratisch kamen die Herren dieser Entscheidung durch einen Rausschmiß zuvor. ,,Das hatte auch einen praktischen Grund. Immerhin gab es damals in jeder Stadt des Reviers Rockergruppen, bestimmt an die dreißig Stück", grinst Klaus, als wir nun auf dem Clubgelände in Gelsenkirchen sitzen und uns über die Geschichte unterhalten. Natürlich blieben Rangeleien nicht aus und Frauen waren dabei erstens hinderlich und zweitens wollte man nicht in den Ruf eines ,,Weiberclubs" kommen.

Tussi und Manta oder Club und Bike?
Ende Siebzig, Anfang der Achtziger trennte sich die Spreu vom Weizen

Ende der siebziger bis in die ersten achtziger Jahre hinein gab es zwischen den Clubs im Pott gewaltige Konkurrenz. Bald zeigte sich, welche Gemeinschaft länger bestehen würde, wer ein Rocker bleiben wollte, oder wer lieber mit der Tussi im tiefgelegten Manta durch die Gegend fuhr. Es war auch die Zeit der ersten Kontakte zu überregionalen Clubs. Die Freeway Rider's Gelsenkirchen besuchten Ende der Siebziger regelmäßig andere Parties, zum Beispiel Halloween oder Veranstaltungen auf der Friesenheimer Insel. Sie pflegten Kontakte zu Clubs wie den Hot Wheels in Essen, den (gelben) Ghostrider's, den Bones Mannheim oder dem Gremium. ,,Traditionell gab es immer Regen auf der Anfahrt zu den Mannheimer Knochen, Ehrensache," grinst Klaus. Nach zehn Jahren kamen die Gelsenkirchener das erste Mal trocken.... Noch weiter gingen die Fahrten später, sogar bis Linz in Österreich, zum Bats MC. Wie auch bei anderen MCs lief so eine Fahrt nicht ohne Zwischenfälle ab. Mit Schaudern denken die Gelsenkirchener an eine Frankfurt-Tour, die 13 (dreizehn) Stunden dauerte, weil irgendwie jede Raststätte mitgenommen werden mußte. ,,Früher war das alles noch lockerer", meint Altfreeway Sense. ,,Nicht jeder mußte böse gucken, wir hatten leichter unseren Spaß und auch solche Fahrten waren halt nicht so super organisiert. Mußte eben auch nicht sein." Mit der Zeit wurden die Freeway Rider's zu einem etablierten MC im Ruhrgebiet. Wer in Gelsenkirchen etwas auf diesem Gebiet unternehmen wollte, kam am Einverständnis der Freeway Rider's nicht vorbei. Eine Persönlichkeit aus dieser Phase war Rainer I., seinerzeit Vize. Er wäre sicher noch heute Freeway Rider, wenn ihn das Schicksal nicht so früh abberufen hätte. Knapp neunzehn war er, als er mit seiner 1000er Kawa tödlich verunglückte. Ein VW Käfer zog zu langsam auf die linke Spur einer Autobahn, als Rainer mit über l6O km/h sich von hinten näherte und nicht mehr reagieren konnte. 1983 war ein weiterer Verlust aus dem Kreise der Member zu beklagen. Andy Altemeyer, ein stämmiger Kerl und guter Kumpel, nahm sich aus unerfindlichen Gründen das Leben. Die Zeit der großen, legendären Parties begann 1980, mit den Hot Wheels am Langenberger Sender, in Eigenregie in den Gahlener Sandgruben. ,,Da gab's noch lange Nachwehen", grinst Klaus und erzählt die Geschichte von zwei Gästen, die mit ihrem Dune-Buggy ein ganzes Feld umgepflügt hatten. Quadratmeterweise wurden die Rechnungen an den Club als Veranstalter gestellt. Mit diesem Stunt ging aber auch die Zeit der Sandgruben-Feten nach nur drei Jahren zuende. Zwischen 83 und 91 wurde an wechselnden Orten gefeiert, jedes Jahr, und immer als eingetragene Rally. ,,Das gilt heute gar nix mehr!" schimpfen Hacka und Hupper. ,,Jeder macht sein eigenes Ding, es ist doch fast allen egal, ob da sonst noch etwas stattfindet." In den Achtzigern gehen noch heute bestehende weitere Chapter der Freeway Rider's aus dem Gelsenkirchener MC hervor. Die Chapter Bochum, Lüdenscheid und Wanne Eickel wurden von ehemaligen Membern der Gelsenkirchener gegründet Auf diese Weise wußten Motherchapter und Neugründer, was sie voneinander zu halten hatten. Enge Zusammenarbeit waren und sind so sichergestellt. 1990 bekamen die Gelsenkirchener ihr aktuelles Clubgelände Nach der für MCs üblichen Clubhausodyssee die 1975 im Wattenscheider ,,Hot" begann und über weitere Stationen glücklich auf dem heutigen riesigen Gelände in Bismarck endete, veranstalteten sie ab `91 ihre Jahresparties, wie man sie heute kennt. Gleich die erste Party war ein überwältigender Erfolg, als mehr als 2500 Besucher wurden gezählt. Auch die späteren Parties waren stets gut besucht, wenn auch die Zahlen der ersten nicht immer erreicht werden konnten. Auch außerhalb der engeren Szene tummeln sich die Freeway Rider's, meist in Zusammenarbeit mit anderen Chaptern, von denen es inzwischen bundesweit zwölf gibt. Beispielsweise sorgten die Freeway Rider's für Ordnung und Organisation der Biker-Union-Demo 1993 in Düsseldorf. Sie begleiten als Security Show-Acts und Musikgrößen wie Doro, H-Blockx, Fettes Brot oder Nina Hagen. Mit der Berliner Rockgruppe Tanzwut verbindet sie inzwischen eine echte Freundschaft, die bisher durch einige gegenseitige Besuche gefestigt wurde. Durch ein Bühnenbau-Unternehmen eines Members können sie sogar große Konzerte selbst veranstalten. 1998 begrüßten sie auf einer imposant großen Open Air-Bühne ,,Sisters ofMercy" auf ihrem Gelsenkirchener Clubgelände. Allerdings bedienen sich die Freeway Rider's Member nicht in gleichem Maße wie Mitglieder anderer MCs aus der Szene. Statt Schrauberbuden und Tattoo-Läden zu unterhalten sind viele angestellt, Handwerker oder Arbeiter mit klassischem Ruhrpott-Hintergrund. Das zeigt auch die regionale Lage der anderen Chapter, die im Kern in der Nähe des Ruhrgebietes angesiedelt sind und nur vereinzelt an weit entfernten Orten existieren. Das bedeutet jedoch nicht, daß sie für überregionale Events nicht zu haben sind. Eine der größten alljährlichen Parties hat ihren Ursprung in Gelsenkirchen. Seit 1990 kennt man die Freeway Rider's als den Club, der der Szene die Ibiza-Bike Week bescherte. Was zwei Jahre lang eher inoffiziell behandelt wurde, wird seit `92 ganz offiziell mit Plakaten, Einladungen und einer Ankündigung auch in der BN gefeiert. Die Inselrundfahrt, die hübschen Girls und die geilen Moppeds sind inzwischen fester Bestandteil der Sommerszene und ziehen jedes Jahr einige Tausend Besucher auf die Insel. Im Veranstalterboot sitzt inzwischen auch Gremium-Kalle aus München, der mit den UndercoverGirls wesentlich zur Optik der Party beiträgt. An dieser Stelle grüßen die Freeways, noch zwei weitere sehr gute alte Freunde, Ol' Dog Charlo und seine Frau Heidi.

Stabiler Club: Zehn Jahre Mitgliedschaft sind keine Seltenheit

Schlagen Wir den Bogen zur Gegenwart. Die Gelsenkirchener Freeway Rider's sind nach wie vor ein etablierter Club und sicher nicht das unwichtigste Chapter im Clubgefüge. Etliche Member haben viele Jahre Mitgliedschaft auf dem Buckel, zehn Jahre sind keine Seltenheit letztes aktives Gründungsmitglied ist allerdings nur ,,Hüpper", langjähriger Presi und seit kurzem gleichberechtigtes Vorstandsmitglied in der neuen Struktur neben ,,Hacka" und ,,Puffi". Nach einigen Verschiebungen in der Clubszene des letzten Jahres im Ruhrgebiet finden die Freeway Rider's nun Ruhe und Zeit, um Verbesserungen am Clubgelände vorzunehmen, sich um öffentliche Aktionen zu kümmern und die große Jubiläumsies vorzubereiten. Wer kommt, wird Spaß haben, ganz sicher. Und wer keinen hat, ist wohl selber schuld. Die Freeway Rider's sind jedenfalls für Besuch aus allen Richtungen offen, und wie die Erfahrung auf ihren Jahresparties zeigt, geht's auch bei ihren Veranstaltungen ruhig und lustig ab. Ohne große Veränderungen startete Gelsenkirchen in das neue Jahrtausend, und nun kann man auch zum offenen Clubhausabend an jedem zweiten Freitag im Monat auf den Platz in Bismarck fahren. Sicher gilt noch lange das Kürzel des Clubs für die derzeitigen Member: E.F.I.F. - Einmal Freeway, immer Freeway.

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